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Adivasi-Netzwerk AMS:

Gesundheitsarbeit


Auf einem H?gel in der N?he der Stadt Gudalur liegt das Adivasi-Krankenhaus. Es ist der Ort, an dem Gesundheitsarbeit unserer indischen Partner/innen f?r etwa 300 Adivasi-D?rfer koordiniert wird.

Unsere indische Partnerorganisation ACCORD begann in Gudalur 1986 als eine Organisation, welche die Adivasi in ihrem Kampf um Landrechte unterst?tzte. Innerhalb von zwei Jahren gr?ndeten sich ?ber 200 Dorfgruppen (sangams), welche sich zum Adivasi-Netzwerk AMS zusammen schlossen, welches bis heute die repr?sentative Selbsthilfe-Organisation der Adivasi ist. Doch neben den Problemen des Landverlustes sprachen die Dorfgruppen immer wieder auch die gesundheitlichen Probleme der Gemeinschaft an. Viele Adivasi starben an vermeidbaren Krankheiten, die M?tter- und Kindersterblichkeit waren sehr hoch. Dabei wurde nach ?rzten und ?rztinnen gesucht, die helfen k?nnten, diese Situation zu verbessern. 1987 erkl?rte sich das junge indische ?rzte-Ehepaar Roopa und Deva bereit dazu. 

D?rfliche Gesundheitsarbeit

Die Priorit?t lag zun?chst darauf, unter den Adivasi Gesundheitsarbeiter/innen (sogenannte health worker) auszubilden. Diese Adivasi wurden von den Dorfgruppen ausgew?hlt. Sie arbeiteten dezentral in den D?rfern und leisteten eine Basisversorgung: Sie behandelten unkomplizierte Krankheiten und erkannten, wann jemand einer Behandlung im Krankenhaus bedurfte. Sie impften die Kinder und f?rderten das Wissen ?ber Gesundheit und Ern?hrung. Als die Gesundheitsarbeiter/innen Ende der 1980er Jahre mit ihrer Arbeit begannen, starben noch viele Kinder an Durchfall, weil traditionell angenommen wurde, dass man bei Durchfall nichts trinken solle. Allein diesen Glauben zu ver?ndern, rettete vielen Kindern das Leben. Innerhalb weniger Jahre gab es fast keine vermeidbaren Todesf?lle bei Geburt oder durch Durchfall mehr.

Inzwischen arbeitet in jedem der acht Gebiete (areas), in welche das Adivasi-Netzwerk die Region um Gudalur aufteilt, mindestens ein Adivasi in der d?rflichen Gesundheitsarbeit der Adivasi. Die Gesundheitsarbeiter/innen bieten eine M?glichkeit f?r die Adivasi, eine Basis-Gesundheitsversorgung zu bekommen, ohne bis in die Stadt nach Gudalur fahren zu m?ssen, was in den abgelegenen Adivasi-D?rfern mit hohem Aufwand und Kosten verbunden ist. Die Gesundheitsarbeiter/innen sind zum Beispiel daf?r verantwortlich, die Therapie von Patient/innen mit Tuberkulose zu ?berwachen - bei Tuberkulose ist es besonders wichtig, die Medikamente ?ber einen langen Zeitraum regelm??ig einzunehmen.Au?erdem findet weiterhin Bildung zu gesundheitlichen Themen statt, die in der Adivasi-Gemeinschaft besonders relevant sind: gr??tenteils Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Durchfall, Hepatitis, aber auch zunehmend HIV/Aids. Auch gesunde Ern?hrung ist ein wichtiger Aspekt der Gesundheitsbildung. Der Kampf gegen Alkoholabh?ngigkeit ist in der Adivasi-Gemeinschaft ein wichtiges Anliegen.

Das Training der Adivasi-Gesundheitsarbeiter/innen lieg seit einiger Zeit in H?nden der Adivasi selbst. Unter ihnen leiten erfahrene Adivasi neben ihrer d?rflichen Gesundheitsarbeit Kurse, um andere auszubilden. Sie entwickeln au?erdem zum Beispiel Theaterst?cke bzw. Rollenspiele, die in den D?rfern vorgef?hrt werden, um ?ber verschiedene Gesundheitsaspekte aufzukl?ren.

Einige Jahre lang wurde die d?rfliche Gesundheitsarbeit von einer modern ausgestatteten mobilen Klinik begleitet, welche die Regierung des indischen Bundesstaates Tamil Nadu zur Verf?gung stellte und finanzierte. Mit dieser Klinik fuhren eine ?rztin oder ein Arzt des Adivasi-Krankenhauses und einige Adivasi-Krankenschwestern in die Adivasi-D?rfer. Allerdings: Der gro?e Ambulanz-Bus konnte nur in einige wenige Adivasi-D?rfern nahe der Kleinstadt Gudalur vordringen - zu weiter entfernt liegenden Adivasi-D?rfern gibt es nicht ausreichend gro?e Stra?en. Deshalb wurde diese Kooperation mit der Regierung wieder aufgegeben.

Die ?rztin Shyla am Adivasi-Krankenhaus sagt dazu:

"F?r unsere Arbeit standen personeller Aufwand und Nutzen dieser mobilen Ambulanz in keinem Verh?ltnis. Ja, die mobile Ambulanz wurde von der Regierung bezahlt. Aber wir realisierten, dass wir unsere personellen Ressourcen besser in unserem Adivasi-Krankenhaus einsetzen, zumal die Adivasi der umliegenden D?rfer relativ leicht in das Adivasi-Krankenhaus nach Gudalur kommen k?nnen. F?r weiter entfernte Adivasi-D?rfer w?re eine mobile Ambulanz eine Unterst?tzung, aber dorthin konnten der Ambulanz-Bus nicht gelangen."

Das sch?tzen wir an unseren indischen Partner/innen: Die selbstbestimmte Gestaltung der Basis-Entwicklungsarbeit, welche die Bed?rfnisse von Adivasi und die Anforderungen der Situation in den Fokus r?ckt. 

Seit einigen Jahren arbeiten die Adivasi auch daran, die traditionellen Heilmethoden der Adivasi zu verstehen und zu f?rdern. Ein indischer ayurvedischer Arzt und Adivasi im Gesundheitsteam arbeiten hierf?r mit traditionellen Heilern unter den Adivasi zusammen. Sie dokumentieren Behandlungsmethoden, identifizieren Heilkr?uter, siedeln diese gezielt an und f?rdern das Wissen der Adivasi um traditionelle Heilmethoden. Die Gesundheitsarbeit ist bisher gr??tenteils eine Einbahnstra?e gewesen: die Erkenntnisse der westlichen Schulmedizin wurden den Adivasi n?hergebracht. In manchen F?llen ist dies sehr wichtig gewesen, wie man am Beispiel der Durchfallerkrankungen sieht. Allerdings haben Adivasi auch traditionelle Heilmethoden, die oftmals effektiv und gerade bei chronischen Krankheiten sinnvoll sind. Diese sollen nun erneut aufgedeckt und gef?rdert werden und dazu f?hren, dass die Einbahnstra?e durch Gegenseitigkeit ersetzt wird, wie es auch in anderen Bereichen der Arbeit angestrebt ist. Wer wei?, vielleicht werden eines Tages sogar Adivasi in einem ayurvedischen Zentrum auf der Adivasi-Teeplantage f?r G?ste traditionelle Behandlungen durchf?hren?

NEU: Mit Gem?seanbau gegen Unter- und Mangelern?hrung

Die indischen Ureinwohner/innen (Adivasi)in den s?dindischen Nilgiris-Bergen sind besonders unterern?hrt, denn sie sind besonders arm: Waldprodukte k?nnen f?r viele Adivasi keine Nahrungserg?nzung sein, wenn ihre H?user nicht direkt am Wald stehen oder sie traditionelles Wissen verloren haben. Mit geringer Bildung verdienen die Adivasi als Feldarbeiter oder Tagel?hner auf Plantagen und Baustellen zu wenig f?r eine gesunde Ern?hrung. Denn w?hrend arme Familien zwar von subventioniertem ?l, Mehl, Zucker oder Reis profitieren, sind Milchprodukte und Gem?se sehr teuer. Die Adivasi haben auch nicht  genug Geld und Land f?r Tierhaltung oder Gem?seanbau und wissen zu wenig ?ber gesunde Ern?hrung.

Dass die Adivasi besonders unterern?hrt sind, best?tigte das Adivasi-Krankenhaus in Gudalur mit einer Datenanalyse: Untergewichtig waren 17 % der Nicht-Adivasi, aber 46 % der Adivasi ? von diesen waren 28 % extrem untergewichtig. Untergewicht kann zu einem schwachen Immunsystem f?hren, zu lebensbedrohlichen Situationen bei Infektionen,zu Osteoporose (Knochenschwund) selbst bei jungen Menschen, zum Ausbleiben der Menstruation bei Frauen, zuSchwangerschafts-Komplikationen, zu Entwicklungsst?rungen bei Kindern.

Armut und mangelnde Bildung sind Hauptfaktoren f?r Unterern?hrung, auch dies zeigte die Studie des Adivasi-Krankenhauses: Von den Adivasi, die beim Adivasi-Krankenhaus oder bei der Adivasi-Organisation ACCORD angestellt waren, waren nur 15% untergewichtig (gegen?ber 46 % der anderen untersuchten Adivasi) ? davon war niemand extrem untergewichtig. Die angestellten Adivasi konnten sich gen?gend und gutes Essen leisten. Au?erdem wussten sie ?ber gesunde Ern?hrung Bescheid und gaben ihr Geld weniger f?r Alkohol und Zigaretten aus.

Mit Information ?ber gesunde Ern?hrung und Unterst?tzung beim Anbau von Gem?se will das Adivasi-Netzwerk AMS die Unter- und Mangelern?hrung bek?mpfen. Ein kleines Pilotprojekt war erfolgreich. Ab 2016 erhalten 600 bis 1.000 interessierte Adivasi-Familien ein Set mit Samen traditioneller Gem?se und Unterst?tzung durch ausgebildete Adivasi (adivasi health animators). Auch, wenn Gem?seanbau f?r die Adivasi als traditionelle Sammler/innen und heutige Tagel?hner/innen neu ist; auch, wenn manches verloren gegangen ist ? Land der Adivasi, manche Pflanze und traditionelles Wissen ? f?r den Gem?seanbau l?sst sich bei Traditionen der Adivasi ankn?pfen:

Als vor einigen Jahren der bekannte indische Umweltsch?tzer Madhav Gadgil eine Waldsiedlung von Adivasi in den Nilgiris-Bergen besuchte, entdeckte er einen kleinen Garten mit einer erstaunlichen Vielfalt an wilden Pflanzen und Knollen und war sehr beeindruckt. Warum er all die Pflanzen gepflanzt habe, fragte er den Adivasi. ?Warum? Weil ich sie brauche?, antwortete der.

Das Adivasi-Krankenhaus

Bald nach der Einrichtung des Dorfgesundheitsprogramms wurde deutlich, dass es nicht alle Bed?rfnisse der Adivasi erf?llen konnte. Bei Risiko-Schwangerschaften, Unf?llen, schwerem Durchfall und anderen akuten Erkrankungen mussten Patient/innen in ein staatliches oder privates Krankenhaus der Region eingewiesen werden. Allerdings waren die Erfahrungen entt?uschend: In staatlichen Krankenh?usern war die Behandlung oft unzureichend und nicht immer waren ?rzte anwesend; in privaten Kliniken waren die Behandlungskosten sehr teuer. Zudem waren die Adivasi ?berall weiterhin den Vorurteilen der Gesellschaft ausgesetzt und wurden oft nicht gleichberechtigt mit anderen Patient/innen behandelt.

Ermutigt durch die Erfolge in ihrer d?rflichen Gesundheitsarbeit entstand in der Adivasi-Gemeinschaft die Idee eines Adivasi-Krankenhauses. Doch wie sollten Geld, ?rzt/innen und Krankenschwestern unter den Adivasi gefunden werden und wie konnte der Betrieb eines Krankenhauses nachhaltig aufrecht erhalten werden? Die Adivasi diskutierten und entschieden sich f?r das Krankenhaus. Gl?cklicherweise hatte man auch f?r dieses Projekt bald ?rztliche Unterst?tzung gefunden: Das indische ?rzte-Ehepaar Shyla und Nandakumar erkl?rte sich bereit, in Gudalur zu arbeiten. Sie brachten als Gyn?kologin udn Chirurg perfekte Qualifikationen mit. Sie bildeten Adivasi als Krankenschwestern aus. 1990 wurden das Adivasi-Krankenhaus und die Tr?ger-Organisation ASHWINI gegr?ndet. Kurz danach verlie?en Roopa und Deva Gudalur in dem Wissen, die Gesundheitsarbeit gut in die H?nde der ?rzte und Adivasi gelegt zu haben. F?r die Adivasi-Krankenschwestern war es ein gro?er Schritt vom d?rflichen Alltagsleben zum Drei-Schicht-System im Krankenhaus. Sie mussten nicht nur in Medizin, sondern auch in Mathematik und Englisch unterrichtet werden. Heute sind die Adivasi-Krankenschwestern Expert/innen f?r Entbindungen, Operationsassistenz und alle Verwaltung bez?glich Patient/innen und Finanzen. Sie werden kontinuierlich weitergebildet. Heute erfahren die Adivasi-Krankenschwestern und -pfleger am Adivasi-Krankenhaus eine zweij?hrige berufsbegleitende Aus- bzw. Weiterbildung, die ihnen sogar die staatliche Anerkennung gibt.

Es ist eine gro?e Besonderheit, dass der Gro?teil des Personals am Adivasi-Krankenhaus aus Adivasi besteht. Bis auf die ?rzte und ?rztinnen - leider gibt es bisher keine Adivasi aus der Gudalur-Region, die Medizin studiert haben - arbeiten nur Adivasi der Region am Krankenhaus, die dort auch ausgebildet wurden. Anfangs f?hrte dies zu einigen Konflikten unter den Adivasi, da die Vorurteile zwischen Adivasi unterschiedlicher Gemeinschaften oft nicht einfach zu ?berwinden waren. Heute spielen solche Streitigkeiten keine Rolle mehr. Im Gegenteil - im Adivasi-Krankenhaus herrscht eine sehr famili?re und angenehme Atmosph?re. 

Von Anfang an war das Adivasi-Krankenhaus an spezifischen Wochentagen auch f?r Nicht-Adivasi offen. Es war und ist ein Meilenstein der Ver?nderung im gesellschaftlichen Machtgef?ge, wenn am unteren Ende der gesellschaftlichen Hierarchie stehende Adivasi als medizinisch ausgebildetes Personal Nicht-Adivasi behandelt. Doch war die Akzeptanz in der Stadt nicht von Anfang an gegeben; viele Nicht-Adivasi wollten sich von Adivasi nicht behandelt lassen. So ist es gro?er Erfolg, dass inzwischen selbst sehr viele Nicht-Adivasi das Adivasi-Krankenhaus in Gudalur anderen Krankenh?usern vorziehen. Das Adivasi-Krankenhaus erfreut sich sehr gro?er und stetig wachsender Beliebtheit aufgrund der ausgezeichneten medizinischen Behandlung. Die Kooperation mit indischen Spezial?rztinnen und -?rzten erm?glicht es, am Adivasi-Krankenhaus an ausgew?hlten Tagen auch Spezialsprechstunden und -operationen durchzuf?hren.  

Krankenversicherung

Entsprechend der Prinzipien von Selbstverwaltung und Verantwortung der Adivasi wurde bereits in den 1990er Jahren ein fortschrittliches Krankenversicherungskonzept entwickelt, das f?r einen Teil der Kosten aufkam. Wichtig war, zu beachten, dass die Versicherung f?r die Adivasi bezahlbar ist und dass es den Adivasi nicht m?glich ist, weit im Voraus zu bezahlen, wie es viele Versicherungen verlangten. Es wurde ?ber die Adivasi-Gesundheitsorganisation ASHWINI ein Versicherungspaket mit einer indischen Versicherung abgeschlossen, welche sich bereit erkl?rte, die Adivasi zu versichern. Der von der Versicherung verlangte Vorschuss wurde von ASHWINI an F?rdermitteln eingeworben. Die Adivasi bezahlten fortan monatliche Raten, um diesen Vorschuss zu erstatten bzw. davon den n?chsten Vorschuss zu zahlen. Daf?r werden die Adivasi im Adivasi-Krankenhaus station?r umsonst behandelt. Ambulante Behandlungen waren weiterhin kostenpflichtig, aber um einiges g?nstiger als in anderen nicht-staatlichen Krankenh?usern. Die kostenpflichtigen Medikamente sind ebenfalls g?nstig, da statt Marken-Medikamenten preisg?nstige Medikamente der gemeinn?tzigen indischen Generika-Firma Lowcost verkauft werden.

Die Krankenversicherung entspricht dem wichtigen Anliegen unserer indischen Partner/innen, keine kostenlosen Wohltaten zu verteilen, sondern Selbsthilfe und Selbstorganisation der Adivasi zu st?rken. Die Dorfgruppen sammeln nicht nur den Versicherungsbeitrag der Familien im Adivasi-Netzwerk ein, sondern diskutieren und entscheiden ?ber dessen H?he. In einem Dorf sollte das Problem gel?st werden, dass der Versicherungsbeitrag nicht von allen Familien gezahlt wurde. Und so senkten sie den Beitrag und sammelten nun im Dorf sogar mehr Geld ein. Es ist sogar m?glich, dass Adivasi-Familien ihren Versicherungsbeitrag in Eiern abzahlen k?nnen, die dann im Adivasi-Netzwerk verkauft werden.

Als die Regierung Tamil Nadus begann, das Versicherungspaket zu finanzieren, beschlossen die Adivasi-Dorfgruppen, dass sie die gewohnten Monatsbeitr?ge weiterhin zahlen wollten - jetzt flie?en sie in d?rfliche Sparfonds (village funds) zur Finanzierung gemeinschaftlicher Anliegen. 

Jahresbericht der Gesundheitsarbeit von ASHWINI 2014-15 hier...

 

Newsletter vom Dezember 2015 hier...

 

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